Dürrenstein

 

Eine Reise in das größte Urwaldgebiet

Mitteleuropas

von Heinrich Vierlinger

Der  Rothwald im Wildnisgebiet Dürrenstein, der größte Urwaldrest Mitteleuropas, war kürzlich das Ziel einer von Heinrich Vierlinger organisierten zweitägigen Exkursion von Waldführern des Vereins Pro-Nationalpark Freyung-Grafenau. Der unzugänglichen Lage  in der niederösterreichischen Ötscher-Region und  glücklichen Umständen ist es zu verdanken,  dass ein ca. 400 ha großes Gebiet, in dem seit der letzten Eiszeit nie ein Mensch mit Axt oder Motorsäge eingegriffen hat, erhalten geblieben ist.  Umgeben ist der Urwald von Naturwald und Beständen, die wieder Waldwildnis werden sollen. Der Schnee bestimmte und bestimmt noch bis heute alles. In Normaljahren liegen hier zwischen 8-11 m.  

1825 kam das Gebiet, nachdem  es über Jahrhunderte in Klosterbesitz war,  in den Besitz der Grafen Festetitz, 1869 dann an die österreichische Forstverwertungs -AG und schließlich 1875 an die Rothschilds. Albert Rothschild aus der Frankfurter-/Wienerlinie übernahm die Aktiengesellschaft aus sozialem Engagement ,nutzte zwar die gut zugänglichen Randgebiete, ließ aber 400 ha  ungenutzt und legte damit den Grundstein für das heutige Urwald-/Naturschutzgebiet. Im Jahr 1938 wurden die Rothschilds von den Nazis enteignet. Nach dem Kriege wurde der Besitz restituiert. So sind die Nachkommen dieser Familie nach wie vor die Besitzer. 

 Auf Basis des Rothwalds wurde das Schutzgebiet auf 2400 Hektar erweitert und in den Jahren 1997-2001 das Wildnisgebiet Dürrenstein ins Leben gerufen. Die Anerkennung als erstes Wildnisgebiet Österreichs der Kategorie I nach den  Kriterien der Weltnaturschutzorganisation IUCN wurde im Jahr 2003 verliehen.  Es umfasst 23,7 km2, wobei etwa die Hälfte (Westteil) der Kategorie Ib  (Wilderness) angehören, der Ostteil mit den etwa 4 km2 des Rothwalds wurde als Kategorie Ia (Strict Nature Reserve Ia, Strenges Naturreservat) ausgewiesen.  Das Wildnisgebiet bildet so eine Pufferzone um den Urwald.

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Kein Weg,kein Steig,Foto:Vierlinger

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Vor einem uralten Baumriesen,Foto:Wommer

Begeistert von den unvergesslichen Bildern während der Wanderungen wurde die Heimreise angetreten. Hier einige Teilnehmerreaktionen dazu.  

Waldführerin Kirsten Wommer schrieb: Und was mich am meisten beeindruckt hat bzw. im Gedächtnis bleibt:
  • eine 62m hohe Fichte!! Die Dimensionen (Zeit und Raum) im Urwald sind einfach phantastisch!
  • dass man naturphilosophische Gedanken in einfachen Worten verständlich machen, kann und somit selber wieder mehr zum Nachdenken angeregt wird!
  •  dass ich jetzt weiß woher das Sprichwort "auf der Strecke geblieben" herkommt (Holz welches beim Triften nicht das Ziel erreichte, sogenanntes „Sinkholz"),
  •  Ich sehr froh bin, dass ich mitgefahren bin, da ich sonst wahrscheinlich nie in dieses Gebiet gekommen wäre.
  • Es war eine rundum gelungene Fortbildung! Vielen, vielen Dank dafür!!!
  • Es gab darüber hinaus jede Menge Eindrücke, die ich noch gar nicht beschreiben kann
Waldführerin Veronika Egger schrieb:  
  • Was mir am intensivsten im Gedächtnis geblieben ist, sind vor allem die kleinen Dinge gewesen.
  • Vor allem die Geschichte mit der Zypressenwolfsmilch und dem sie befallenden Pilz - ich hatte nämlich erst vor ein paar Wochen mit einem Freund vergeblich versucht, ein Wolfsmilchgewächs zu bestimmen und da waren wir u.a. auch auf die Zypressenwolfsmilch gestoßen.
  • Genau wie der Hinweis auf die Buche, die wurzelnde Ausläufer bildet - also auch mal hinter die Kulissen schauen und nicht nur die Lehrmeinung nachbeten (wie auch bei der max. Höhe von Nadelbäumen).
  • Bei den Diskussionen über Flächenfraß etc. habe ich mich sehr zurückgehalten. Natürlich hat Herr Pekny recht, aber ich konnte mich der bedingungslosen Zustimmung der anderen nicht anschließen, weil ich durch die Arbeit im Gemeinderat gelernt hab (oder lernen musste), dass es so einfach dann doch nicht ist und entschieden werden kann. 
  • Was mir aber schon imponiert hat, war das Anstoßen zu einer ganz anderen "Sichtweise Wald". Wald ist also eigentlich all das, was unter der Oberfläche passiert. Die Bäume sind "nur" Symptom oder Zustandsanzeiger. So ist jedenfalls meine Interpretation dessen, was Herr Pekny gesagt hat, v.a. im "Käferloch":
  • "Wer sagt, hier sei der Wald tot, hat nicht verstanden, was Wald eigentlich ist."
Der Mykologe Heinrich Holzer schrieb:   Für mich war der Besuch im "Rothwaldurwald" ein Zeitraffer-Erlebnis. Da könnte ein Mykologe einen Großteil seines Forscherlebens zubringen. Man konnte sich gar nicht satt sehen an der unglaublichen (Pilz)-Vielfalt. Eine Rarität nach der anderen kam bei jedem Schritt zum Vorschein. Auch der Eindruck des Urwaldes an sich war überwältigend. Da wird bewusst, was wir Menschen an Natur unwiederbringlich verloren haben. Aber, unser Guide hat es erwähnt - wenn der Mensch um seine Existenz kämpfen muss, ist ihm das "Danach" einer Ressourcennutzung ziemlich egal. Nur, dass er dabei auf dem Weg ist, eben diese Grundlage für künftige Generationen zu vernichten, ist beim Anblick dieses Urwaldes, mit seiner unglaublichen Diversität, zu spüren.   Die Waldführerin Claudia Barthmann schrieb: ....und ich war begeistert davon, dass wir in ein Gebiet vordringen durften, in das nicht jeder rein darf und mit eigenen Augen sehen konnten, was Prozessschutz heißt und welche beeindruckenden Bilder sich dort finden lassen. Wann sieht man schon mal eine 62 m hohe Tanne, in unseren Breiten....  

Die Waldführerin Marianne Melch schließlich schrieb:

Am meisten hat mich die Exkursion ins Urwaldgebiet,  beeindruckt. Es war eine abenteuerliche Wanderung bei Neuschnee mit allen Sinnen und vollem Körpereinsatz. Wir haben dabei viel Neues erfahren und entdeckt. Wir mussten über Baumstämme klettern, manchmal auch unten durch. Jeder kleine Bach war für uns eine Herausforderung, wobei sich so einige nasse Füße geholt haben.
Wir sahen riesige alte Tannen (in Umfang und Höhe 62 m), die wir vorher noch nie in so einer Vielzahl gesehen haben. Viele moosbewachsene Uraltbäume, riesige Wurzelteller, Bäume mit vielen Flechten überzogen, von denen wir vorher noch nie gehört haben.
Liegendes und stehendes Totholz, übersäht mit Baumpilzen. Wir entdeckten viele seltene Pilzarten, die uns Heinrich Holzer voller Begeisterung erklärt hat.Auch Urwaldrelikte wie den duftenden Feuerschwamm haben wir gefunden.
Tief beeindruckt hat mich unser Guide Reinhard Pekny mit seiner Begeisterung und seinem Einsatz für die Wildnis. Wenn ich in Zukunft an Wildnis denke, werde ich immer die Bilder von der Wildnis am Dürrenstein vor Augen haben.

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Wildnis und Verhau, Foto: Vierlinger

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Ein uralter Tannenriese,Foto:Wommer

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Lawinenfeld,Foto:Egger


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