Biologische Vielfalt 3

2.Fortsetzung des Vortrags von FD Sinner

Warum wollen wir Biodiversität erhalten?

Dem Streben des Menschen nach einer Verbesserung seiner materiellen Situation und des Lebensstandarts – in der Regel gemessen als Geldwert – soll ein „Wertesystem“ der Biodiversität gegenübergestellt werden. Dieses betont neben in Geld messbaren Werten weitere, für das menschliche Wohlbefinden existenzielle Werte.

Diese werden nachfolgend erläutert:

-                Biodiversität ist Grundlage der Anpassung und Evolution: bereits jetzt ist davon auszugehen, dass aufgrund des Klimawandels erhebliche Veränderungen in der belebten Umwelt stattfinden werden. Einerseits wird es zu großräumigen Arealverschiebungen von Arten kommen, die den geeigneten Lebensbedingungen folgen. Andererseits wird es auch zu evolutiven Anpassungen der Arten kommen. Möglicherweise werden wir durch den Klimawandel mit neuen Schädlingen in der Landwirtschaft konfrontiert, auf die wir nur durch Einzüchtung von Wildarten reagieren können.

-          Erhalt von Ökosystemfunktionen: Unser Klima – auch unser lokales klima, die Luftqualität, die Bodenfruchtbarkeit, die Selbstreinigung der Gewässer. All dies sind Ökosystemfunktionen, von denen der Mensch profitiert – umsonst. Die Zerstörung dieser kann nur mit erheblichem finanziellen Aufwand – wenn überhaupt – technologisch „repariert“ werden.

-          Bewahrung der Schöpfung: Wir müssen uns fragen, haben wir überhaupt das Recht, Arten und Lebensräume auszurotten? Gibt es nicht ein Recht der Natur, das sich nur aus ihrem Dasein ableitet?

-          Wissen um Vielfalt: Wir wissen, dass die kulturelle Entwicklung des Menschen maßgeblich auf der Nutzung der biologischen Vielfalt basiert. Wir wissen auch, dass wir nur einen Bruchteil dieser kennen. Wie klug ist es, diesen Schatz zu zerstören, bevor wir ihn überhaupt gesehen haben?

-          Naturerlebnis: Vielfalt erfreut das Auge und wir entspannen in der Natur.

-          Generationengerechtigkeit: Auch unsere Nachkommen wollen diese Erlebnisse genießen können und nutzen.

-          Ökonomischer Nutzen: All diese Werte münden letztlich ein in einen volkswirtschaftlichen Nutzen biologischer Vielfalt. Dieser lässt sich nur schwer mit einem Preisschild versehen. Aber wenn wir daran denken, welche Kosten z.B. eine Hungersnot verursacht, wird deutlich wie stark wir von biologischer Vielfalt abhängen.

Nur ein breites Artenspektrum ermöglicht es, die jeweils besten (angepassten, ertragreichsten) Pflanzen für eine Region auszuwählen. Das genetische Spektrum dieser Arten, die ursprünglich in vielen Sorten standortangepasst angebaut wurden ist mittlerweile deutlich eingeschränkt. Heute stammen drei Viertel der weltweiten Reisproduktion von lediglich einer Sorte. In Indien wurden zu Anfang des 20.Jh. noch 30 000 Reissorten angebaut. Heute kaum mehr als 30. In Deutschland sind 3250 Apfelsorten dokumentiert. Im Handel sind zurzeit nur noch etwa 30 – 40 Sorten erhältlich – Tendenz sinkend. In den Auslagen der Supermärkte schrumpft diese Zahl sogar auf 5-6 globale Apfelsorten.

Aber auch in anderen Bereichen bringt biologische Vielfalt ökonomischen Nutzen. Der weltweite Handel mit Medikamenten auf pflanzlicher Basis beläuft sich auf jährlich schätzungsweise 500 Milliarden US Dollar.