Archäologische
Forschung entdeckt die höchstgelegenste vorgeschichtliche Siedlung im
Böhmerwald
von Heinrich Vierlinger
von Heinrich Vierlinger
Schon vor tausenden von Jahren, in der mittleren Steinzeit(Mesolithikum) lebten im Böhmerwald in einer Höhe um 1000 m ü.M. Menschen. Dies bestätigen archäologische Funde unweit von Modrava (Mader). Es geht hier um die höchstgelegenste vorgeschichtliche Siedlung aus der Steinzeit, dies ist auch eine Besonderheit für ganz Europa.
Seit dem Jahr 2011 lief auf dem Gebiet des Nationalparks Šumava ein archäologisches Projekt mit Schwerpunkt auf der Erforschung von Lagerplätzen aus der mittleren Steinzeit zwischen 9600 und 5500 v.Chr. Diese Zeit stellte in Mitteleuropa die letzte Phase der dominanten Jäger- und Sammlerkultur dar. Für die damaligen mobilen Sippen war die intensive Nutzung von lokalen Ressourcen für Werkzeuge und Nahrungsmittel, sowie die jahreszeitlich bedingte Nutzung von hochgelegenen Regionen z.B. in den Alpen aber auch in den Hochlagen des Böhmerwaldes, charakteristisch.
Laut einem Bericht in der Zeitschrift Sumava vom Herbst 2013 konzentrierte sich die vor kurzem durchgeführte Forschung auf das Flussgebiet des Roklansky- und Modravsky potok (Rachel - und Maderbach) sowie des Křemelna (Kieslingbachs), das bedeutet auf ein Gebiet in einer Meereshöhe von ungefähr 750 - 1200 m, wo zum Glück durch Bau - und landwirtschaftliche Tätigkeiten vorgeschichtliche Stätten kaum zerstört worden waren. Die Aufmerksamkeit richtete sich dabei vor allem auf die Umgebung der Bäche, wo diese mittelsteinzeitlichen Örtlichkeiten überwiegend zu finden sind. Nach Festlegung der potentiell interessanten Flächen durch Karten - und Umgebungsstudium folgte die erste Erkundung (Probenahmen auf Erosionsflächen),danach wurden auf ausgewählten Flächen Sondierungsgrabungen mit den Maßen 0,5x0,5m oder 1x1m durchgeführt und ihr Inhalt in feinmaschigen Sieben gewaschen.
Bisher wurden 11 Stellen mit Vorkommen von „industrieller Schlagwerkzeug-Industrie" entdeckt. Vier von ihnen befinden sich im Flussgebiet des Roklansky potok(Rachelbach),fünf im Gebiet des Modravske potok(Maderbach),die anderen beiden an der Křemelna (Kieslingbach).
Die bisher mehr als 350 Stücke der aus Stein gewonnenen geschlagenen Stücke dieser „Industrie" zeigen, dass vor allem Bayerische Silikate bevorzugt wurden, konkret Hornstein des Juras abstammend aus dem Gebiet zwischen Regen und Passau. Dies wiederum ist ein Indiz dafür, dass auch damals schon Material-und Wissentransfer über größere Distanzen stattfand.
Für die zukünftige Forschung sind die vielversprechendsten, zwei mittelsteinzeitliche Orte, die sich an der Javoři Pile u Modravy (Ahornsäge) befinden, und ein gleichaltriges Vorkommen typischer mesolithischer Artefakte darstellen - nämlich Werkzeuge in dreieckähnlicher Form(Dreieckspitzen). Diese wurden mit Griffen versehen und an Pfeile, Speere, Spieße, Harpunen angebaut, die sich jedoch nicht erhalten haben, weil sie vor allem aus organischen Materialien hergestellt waren.
Quelle: Nationalparkzeitung Sumava vom Herbst 2013
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