Wie sah die  Naturlandschaft Mitteleuropas   aus ?

 

 

Die Wissenschaft ist gespalten:

 

geschlossenerWald?

oder

halboffene Baumsavanne (Parklandschaft/Weidelandschaft)?

 

(Megafauna – Diskussion)

 

Gemeinsame wissenschaftliche Grundlage für beide Sichtweisen sind die Ergebnisse der Paläontologie und verwandter Disziplinen (Rekonstruktion von Flora und Fauna vergangener, jedoch klimatisch mit heute vergleichbarer, Zeiten z.B. aus Pollen- und Knochenfunden).

 

Da es jedoch nur ein Minimum an wirklich gesicherten Fakten gibt, sind die Schlussfolgerungen aus diesen Ergebnissen der Wissenschaft sehr unterschiedlich:

 

 

Verfechter der „Megafauna-Theorie“ schließen für die Interglaziale u.a. aus der Vielzahl der im Pleistozän trotz aller Klimaschwankungen durchgehend vorkommenden Großtierarten  (v. Koenigswald 2002, S. 42) auf eine halboffene parkähnliche Weide-, bzw. Baumsavannen-Landschaft mit

großen Tierherden  (hohe Tierdichten durch hohes Nahrungsangebot in offenen/halboffenen Landschaften).

 

Gesichert:   das Vorkommen einer Vielzahl von Großtierarten in allen Klimaten Mitteleuropas (kalten, warmen, bzw. gemäßigten) seit Beginn des Pleistozän.

 

Nicht gesichert:  Knochenfunde belegen zwar das Vorkommen bestimmter Tierarten zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort, nicht aber deren Dichte und auch nicht die Auswirkungen der vorkommenden Tiere auf die Landschaft.

 

Die Ursachen für das Verschwinden der Megafauna sind nicht bekannt.

 

Verfechter der „Wald-Theorie“ schließen u. a. aus der Vielzahl und der eindeutigen Dominanz von Baumpollen in Pollenanalysen aus klimatisch mit der heutigen Zeit vergleichbaren Epochen des Pleistozäns (Interglaziale) auf großflächig geschlossene Waldlandschaften.

Folgerichtig ergeben sich aus dieser Vorstellung geringe Tierdichten  (geringes Nahrungsangebot im Schatten/Halbschatten eines weitgehend geschlossenen Kronendaches).

 

Gesichert: das Vorkommen der verschiedenen Baumarten und verschiedener anderer Pflanzenarten in der Landschaft und die Dominanz der Baumpollen in den Pollenanalysen aus zwischeneiszeitlichen (interglazialen/gemäßigten) Klimaten.

 

Nicht gesichert:  die Pollenanalyse belegt zwar das Vorkommen bestimmter Pflanzenarten, nicht aber deren Dichte und die räumliche Verteilung vor allem der Baumbestände in der Landschaft (Struktur der Landschaft/Landschaftsbild) und auch nicht das Gesamtspektrum der Vegetation.

 

 

 

 

Folgerungen aus beiden Thesen für Großschutzgebiete der heutigen Zeit:

 

 

„Megafauna-Theorie“:

 

Zielsetzung: gesamtes Artenspektrum mitteleuropäischer Naturlandschaften.

 

Vorgehensweise:

·        Zulassen von wildtiergestütztem dynamischem Wechsel und Ineinanderfließen von Baumlandschaft und Offenlandschaft.

·        Nutzung des natürlichen Weide- und Verbissverhaltens der vorhandenen Wildtiere mit dem Ziel einer hohen Strukturvielfalt/Landschaftsvielfalt.

·        ggf. Erhöhung der Bestände.

·        Einbringung ehemals heimischer Wildtierarten oder ihnen nahestehender Haustierformen zur Vervollständigung der durch Co-Evolution entstandenen Wechselwirkungen zwischen Tier und Landschaft.

·        Regulierung der Tierbestände auf ein Niveau, das sowohl den waldgebundenen Tier- und Pflanzenarten, als auch der großen Zahl der licht- und wärmeliebenden Offenlandarten Lebensräume sichert.

 

 

 

„Wald-Theorie“:

 

Zielsetzung: Artenspektrum mitteleuropäischer Waldlandschaften.

 

Vorgehensweise:

·        Zulassen von natürlicher Dynamik in den jeweiligen Waldökosystemen (vom Jungwald bis zur Zerfallsphase) „Natur Natur sein lassen“.

·        Vermeidung von Störungen dieser Dynamik u. a. durch (anthropogen bedingt) überhöhte Wildbestände.

·        Einbringen ehemals heimischer Wildtierarten oder ihnen nahestehender Haustierformen zur Vervollständigung der durch Co-Evolution entstandenen Wechselwirkungen zwischen Tier und Landschaft.

·        Regulierung der Tierbestände auf ein Niveau, das die natürliche Waldverjüngung und Waldentwicklung nicht behindert und den sonstigen, in einem Wald-Ökosystem vorkommenden Tier- und Pflanzenarten, Lebensräume sichert.

 

 

 

Für beide Sichtweisen spricht jeweils eine Fülle von bedenkenswerten Hinweisen.

Trotz allem hat sich jedoch gezeigt, dass weder die Megafauna-Theorie, noch die bisher häufig als belegt beurteilte Wald-Theorie, hieb- und stichfeste Beweise für ihre Richtigkeit erbringen konnten.

 

Bleibt als Fazit:

Beide Varianten müssen für möglich gehalten werden; und auf Grund der hohen ökologischen Potenz der einen, wie auch der anderen Variante, müssen in mitteleuropäischen Großschutzgebieten auch beide Varianten, jeweils unabhängig von einander, praktiziert werden.

 

Hier besteht dringender Handlungsbedarf !

 

Bei derzeit 12 terrestrischen Nationalparks in Deutschland sind die Voraussetzungen dazu reichlich gegeben.

 

 

 

 Autor:   Thomas Zipp,   Klausenweg 3,   94 089 Neureichenau,   Tel.: 08583 / 1847,   e-mail:   thomas.zipp@web.de                    

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